Was sind
Blitzschutzschalter und Überspannungsschütze?
Seit Oktober 2016 ist der Überspannungsschutz durch die Normen DIN VDE 0100-443 und -534 neu geregelt und verpflichtet Bauherren zum Einsatz von Überspannungs-Schutzeinrichtungen bei Neuinstallation oder Erweiterung elektrischer Anlagen.
Durch welche Ursachen Überspannungen hervorgerufen werden und welche Schutzeinrichtungen wann eingesetzt werden müssen, soll nun näher erklärt werden.
1 Ursachen und Folgen von Überspannungen
1.1 Ursachen
Zu hohe Spannungen in elektrischen Schaltkreisen können entweder durch Schaltvorgänge leistungsstarker Verbraucher im Haushalt oder Stromnetz (z. B. Ein- und Ausschalten von Säge- oder Fräsmaschinen bzw. Ortsnetztransformatoren) oder durch Blitzeinschläge in und um die elektrische Anlage hervorgerufen werden. Die eingeprägte Energie durch Blitzschlag übersteigt dabei um ein Vielfaches die Überspannung, die durch Schaltvorgänge hervorgerufen wird, weswegen der Überspannungsschutz bereits durch sämtliche Blitzschutznormen abgedeckt ist. Im Folgenden wird daher näher auf den Blitzschutz eingegangen.
1.2 Folgen und zu treffende Maßnahmen
Der Schaden einer elektrischen Anlage infolge von Überspannungen ist abhängig vom Ort des Blitzeinschlags. Daher werden normativ vier Schadensquellen definiert:
S1: Direkter Blitzeinschlag in ein Gebäude |
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Direkter Blitzeinschlag in die äußere Blitzschutzanlage |
Bei Blitzeinschlag in Blitzableiter (= äußere Blitzschutzanlage) oder geerdete Dachaufbauten wird die Blitzenergie sicher gegen Erde abgeleitet. Allerdings wird durch den Spannungsabfall über der Impedanz der Erdungsanlage das Potential des gesamten Erdungssystems angehoben. Folglich resultieren Blitzströme in allen PE-Leitern, welche sich über Versorgungsleitungen sogar auf benachbarte Gebäude ausbreiten. Durch diese unzulässig hohe Strombelastung können elektrische Geräte zerstört werden bzw. Leitungsisolationen aufschmelzen, folglich unkontrollierte Spannungsüberschläge hervorrufen und in Brand geraten. Weiterhin ist eine Personengefährdung nicht auszuschließen. |
S2: Blitzeinschlag neben ein Gebäude und Einkopplung im Umkreis bis zu 2 km
Im Falle eines nahen Blitzeinschlags werden große magnetische Felder aufgebaut, die hohe Spannungsspitzen in die Elektroinstallation induktiv oder galvanisch einkoppeln können.
S3 bzw. S4: Direkter Blitzeinschlag in bzw. neben eine Versorgungsleitung
Auch bei Einschlag in eine benachbarte Versorgungs- oder Datenleitung können sich durch induzierte Überspannungen hohe Blitzteilströme ins Gebäude einkoppeln.
Um Beschädigungen der elektrischen Anlage vorzubeugen, werden Überspannungs-Schutzgeräte, engl. „Surge Protective Devices“ (abgekürzt: SPD), eingesetzt, um die energiereichen Blitzströme vollständig Richtung Erde abzuleiten oder gesteuert abzubauen.
2 Auswahl und Einsatz von Überspannungs-Schutzgeräten
2.1 SPD, Typ 1
Überspannungs-Schutzeinrichtungen vom Typ 1 sind erforderlich, um im Moment des Blitzeinschlags den Potentialausgleich zwischen Erdungssystem und den Außenleitern sowie dem Neutralleiter herzustellen. Diese sogenannten Blitzstromableiter sind für standardisierte Blitzstoßströme der Impulsform 10/ 350 µs ausgelegt und schützen die Elektroinstallation vor direktem und indirektem Blitzeinschlag, indem Teilblitzströme in die Netzzuleitung abgeführt und resultierende Netzfolgeströme durch Gasableiter, kombiniert mit Varistoren gelöscht werden, um anschließend spannungsführende Leiter wieder vollkommen vom Erdungssystem zu isolieren.
Überspannungs-Schutzgeräte vom Typ 1 lösen unterhalb der Bemessungs-Stoßspannung von 6 kV aus und begrenzen die Überspannung auf maximal 4 kV, um unkontrollierte Überschläge und Schädigungen der Geräte- und Leitungsisolationen zu verhindern. Sie sollten daher möglichst vor dem Hausanschlusszähler installiert werden und definieren die Blitzschutzzone (engl. „Lightening Protection Zone“) LPZ 1. Vorgeschrieben sind diese SPDs bei einer Freileitungseinspeisung oder einem externen Blitzschutzsystem.
Einteilung der Blitzschutzzonen (links) und Foto einer Hauptverteilung mit SPD, Typ 1+2 (rechts)
(Quelle: OEZ)
2.2 SPD, Typ 2
Überspannungs-Schutzeinrichtungen vom Typ 2 begrenzen Überspannungen, hervorgerufen durch Blitzferneinschläge oder Schaltvorgänge im Versorgungsnetz, auf maximal 2,5 kV. Diese Überspannungsableiter bestehen üblicherweise aus schnell ansprechenden Varistoren und sind für Stoßströme der Impulsform 8/ 20 µs (Anstieg zum Strommaximum innerhalb von 8 µs, Abklingen auf halben Maximalwert in 20 µs) ausgelegt. Der Großteil elektrischer Haushaltsgeräte ist für kurzzeitige Überspannungen dieser Größe dimensioniert, welche nur innerhalb der Blitzschutzzone LPZ 2, üblicherweise durch Unterverteilungen festgelegt, auftreten können. Bei Einfamilienhäusern können auch kombinierte SPDs Typ 1+ 2 installiert werden, die alle häuslichen elektrischen Betriebsmittel vor unzulässig hohen Überspannungen schützen. Mindestens vorgeschrieben sind Typ 2 SPDs am Einspeisepunkt der Erdversorgungsleitung.
Verlauf typischer Blitzstoßströme, angenähert durch überlagerte e-Funktionen (Quelle: OEZ)
2.3 SPD, Typ 3
Steckdoseneinsatz als SPD Typ 3 |
Werden empfindliche elektrische Geräte verwendet, müssen Überspannungs-Schutzgeräte vom Typ 3 direkt am zu schützenden Gerät installiert werden, um die maximale Überspannung auf 1,5 kV zu begrenzen. Hierbei werden L- und N-Leiter über Varistoren geschützt und über eine Funkenstrecke mit dem PE-Leiter verbunden. Die Verschaltung wird direkt an den empfindlichen Endgeräten der LPZ 3, wie z. B. in Steckdosen an Computern, realisiert und führt zur Ableitung von Querüberspannungen ohne den Fehlerstromschutzschalter auszulösen. Bei Installation der einzelnen SPDs müssen normativ festgelegte Mindestleitungslängen eingehalten werden, die je nach Einsatzszenario bis zu 10 m betragen, um die gewünschte Auslösereihenfolge einzuhalten und Überlastungen zu vermeiden. |
3 Überspannungsschutz bei PV-Anlagen
Die bisher beschriebenen Überspannungs-Schutzgeräte dienen zum Personen-, Geräte- und Brandschutz der Hausinstallation, die als AC-Schaltkreis aufgebaut ist.
Wird parallel zur Netzeinspeisung eine Photovoltaikanlage betrieben, müssen auch die
PV-Module gegen Sperr- und Überströme durch SPDs vom Typ 2 geschützt werden, wodurch gleichzeitig der Überspannungsschutz gegeben ist. Im Falle von Leitungsstrecken zwischen
PV-Anlage und dem Wechselrichter von über 10 m, sollten DC-Überspannungsableiter sowohl an der PV-Anlage als auch unmittelbar am Umrichter installiert werden. Ebenso sollten der Zähler und die Leitungen hinter dem Wechselrichter durch AC-SPDs geschützt werden. Für die Informations- und Kommunikationsmodule im Schaltschrank werden SPDs vom Typ 3 empfohlen. Zur Wartung des Umrichters müssen zusätzlich Trennschalter auf der AC- und DC-Seite installiert werden, die sich ebenso in der OEZ-Produktpalette befinden.
Allgemeines Diagramm einer PV-Quelle, parallel zum Vertriebsnetz (Quelle: OEZ)
4 OEZ Produktübersicht
Ausgangssituation |
SPD-Produktempfehlung *) |
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Schadensquelle S2 und S4, Gebäude ohne äußeren Blitzschutz oder Freileitungsspeisung, Erdung vorhanden |
Kombinierter SPD, |
SJBC-25E oder SVBC-12,5 |
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Schadensquelle S1 und S3, Gebäude mit Blitzschutz- und Erdungssystem |
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Typ 1 am Hausanschlusszähler und Typ 2 in der Unterverteilung |
SJB-25E und |
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Photovoltaikanlage, |
DC-SPD an der PV-Anlage und am Umrichter |
SVBC-DC |
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Einsatz empfindlicher Elektrogeräte |
Typ 3 auf Hutschiene |
SVD-253 SVD-255 |
*) Die exakte Produktbezeichnung richtet sich nach der Netzform der Spannungsversorgung:
TT: Betriebserdung, elektrische Körper sind geerdet, Erdung erfolgt unabhängig von der Speisung
TN: Betriebserdung am Transformator, elektrische Körper sind über Schutzleiter mit diesem Punkt verbunden
(TN-C: kombinierter Neutral- und Schutzleiter, TN-S: getrennter N- und PE-Leiter, TN-C-S: am Hausanschluss wird der PEN-Leiter in PE und N geteilt)